„Erkenne Dich selbst“, das ist ein oft und gern zitiertes Motto der griechischen Antike, und „So bin ich eben!“ ist nicht die beste Antwort auf diese Aufforderung. Unser Denken wirkt auf unser Nervensystem und bedient sich dabei gut eingefahrener Handlungsabläufe, unserer Gewohnheiten. „So bin ich eben“ klingt authentisch, ist aber oft auch resignierend, meint quasi „rutsch mir den Buckel runter“. „So bin ich eben!“ lässt uns glauben, wir würden unser wahres Wesen kennen, dabei lenkt es unseren Blick nur auf Gewohnheiten und nicht auf das, was diesen Gewohnheiten zu Grunde liegt.

John P. Strelecky verwendet im „Café am Rande der Welt“ das Bild der grünen Meeresschildkröte. Casey, die freundliche Bedienung im Café, trifft beim Schnorcheln auf eine grüne Meeresschildkröte und muss relativ schnell erkennen, dass sie ihr nicht hinaus aufs Meer folgen kann, obwohl das Tier scheinbar mühelos die Strömung und die Kraft der Wellen überwindet, und das trotz der Tatsache, dass Casey durch ihre Schwimmflossen sogar noch den technischen Vorteil auf ihrer Seite hat.

Als Casey die Meeresschildkröte ein zweites Mal sieht und wieder feststellt, dass es ihr nicht möglich ist, dem Tier zu folgen, lässt sie sich treiben und beobachtet das Tier aufmerksam.
Sie stellte fest, „dass die Schildkröte ihre Bewegung der des Gewässers anpasste. Wenn sich eine Welle auf das Ufer zubewegte und der Schildkröte ins Gesicht schwappte, ließ sie sich treiben und paddelte gerade so viel, um ihre Position zu halten. Und wenn die Welle wieder zum Ozean hinausströmte, paddelte sie schneller, um die Bewegung des Wasser zu ihrem Vorteil zu nutzen.“* Die grüne Meeresschildkröte lässt sich also nicht treiben, sondern sie nutzt die Kraft der Wellen zu ihrem Vorteil.

Wir können uns beim Schwimmen im Meer, unangepasst an die Strömung, nur auf das Schwimmen konzentrieren. Das ist Aktionismus, blindes Tun, das uns sehr schnell erschöpft sein lässt und uns damit nicht an unser Ziel bringt. Wenn wir uns hingegen passiv treiben lassen, „Nichts-Tun“ dann werden wir zum Spielball der Meeresströmung.

Wir haben aber die Möglichkeit, die Strömung und die Wellen zu nutzen, wie es die grüne Meeresschildkröte tut, um unser Ziel zu erreichen. Sie kämpft nicht mit dem Wasser, sie vergeudet keine Kraft und verfällt nicht in blinden Aktionismus. Diese Form des Handelns besitzt eine andere, eine spezielle Qualität, die Qualität des „Nicht-Tuns“!

Ungünstige Gewohnheiten wie verbissene Anstrengung, blinder Aktionismus, das Gefühl, es so und nicht anders machen zu müssen, lassen uns mit der Zeit immer wieder das Gefühl von Vergeblichkeit erleben. Viele Menschen lassen sich davon nicht von ihrem vergeblichen Tun abbringen, sie versuchen es wieder und wieder – „So bin ich eben“ -, während andere scheinbar mühelos ihre Ziele erreichen.

Casey beobachtet die Schildkröte und erkennt, wie reibungslos diese mit Wellen und Strömung umgeht und zieht für sich den richtigen Schluss daraus. Häufig können wir den richtigen Schluss nicht so ohne weiteres aus einer Erfahrung ziehen und verdoppeln und verdreifachen dann unsere Anstrengung. Uns fehlt der Abstand, es fehlt uns der unverstellte Blick.

Hier kann es uns helfen, wenn wir danach fragen, WER hat diese Aufgabenstellung schon einmal gemeistert und kann uns als Vorbild und durch seine Erfahrung helfen, unser Ziel zu erreichen? Wer hat das was wir erreichen wollen schon erreicht? Die Frage nach dem „Wer“**) kann uns helfen spielerisch, wie die grüne Meeresschildkröte, unser Ziel zu erreichen. Dieser „Wer“ lässt uns oft sehr schnell erkennen, welchen unserer liebgewonnenen Gewohnheiten wir als „blindem Aktionismus“ oder wenig zielführender Aktion dankend Lebewohl sagen sollten.

© Tilo Maria Pfefferkorn

*) „Das Café am Rande der Welt“, Kap. 6, von John P. Strelecky, erschienen als dtv Taschenbuch und als Hörbuch! zum Shop
**) „The Big Five for Life“, Kap. 23, S. 136, von John P. Strelecky, erschienen als dtv Taschenbuch und als Hörbuch gelesen von Tilo Maria Pfefferkorn!
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