An der Börse und auf vielen Märkten beobachten wir Menschen, die indem sie dem Trend folgen und auf entsprechende Produkte und Werte setzen gute, oft überdurchschnittliche Gewinne machen. Je länger ein Trend andauert umso beständiger wird er. Es gibt Unternehmen, die so über Jahre selbst insgesamt fallenden Börsen trotzen und die Investoren reich machen. Was haben Trends und Gewohnheiten miteinander gemeinsam?

Unsere Gewohnheiten „erarbeiten“ wir uns in jahrelangem Training! Gewohnheiten verstärken sich je länger wir ihnen „frönen“. Gewohnheiten ziehen es nach sich, dass wir die Welt in einer ganz bestimmten Form, und damit Sicht, erleben. Jeder Tag, den wir eine Gewohnheit weiterverfolgen gibt unserem ganzen System die Information: weiter so! So beginnen wir, die Welt genau aus dieser Perspektive zu betrachten. Über kurz oder lange blenden wir Aspekte, die eine Änderung unseres Verhaltens zur Folge haben könnten aus. Wir sehen sie nicht mehr. In bestimmten Phase gehen wir sogar dazu über Informationen, die der Beibehaltung einer Gewohnheit abträglich sind, nicht nur auszublenden sondern sogar aktiv zu verhindern.

Werden unsere Gewohnheiten in Frage gestellt, reagieren wir häufig unwirsch. Mit Zorn und unterschwelliger Wut. Im „Wiedersehen im Café am Rande der Welt“ beschreibt John Strelecky dies, indem er eine überzogene Reaktion eines Menschen auf eine Äußerung oder Aktivität eines anderen auf eine grundsätzlich darunter schwelende Angst zurückführt. („Wiedersehen im Café am Rande der Welt“, John Strelecky, S. 173ff, Kapitel 38). Diese unterschwellige Angst trägt auch dazu bei, die einmal eingeschlagenen „Wege“ beizubehalten. Es baut sich eine sich stetig selbstbestätigende „Gewissheit“ auf.

Ähnlich wie an der Börse kann das dazu führen, dass Alarmsignale nicht mehr wahrgenommen werden, weil immer mehr Menschen dem Trend vertrauen. Der Altmeister der Börsenspekulation Kostolany sprach in diesem Zusammenhang von der „Milchmädchenhausse“. Wenn immer mehr Menschen glauben einen Weg gefunden haben schnell reich zu werden, dann kratzen auch die „sprichwörtlich kleinen Sparer“ ihr Erspartes zusammen, um auf den scheinbar „unaufhaltsam aufwärts fahrenden Zug/Kurs“ aufzuspringen. Sie verstärken den Trend und ermöglichen es den frühen Investoren, zu immer besseren Kursen auszusteigen. Die steigenden Kurse überzeugen dann noch mehr und ziehen neue Anleger an.

Bei unseren Gewohnheiten funktioniert dies ähnlich. Jede Bestätigung führt zu einer Verstärkung. Nicht ins Weltbild Passendes wird ausgeklammert. Hinzu kommt, dass unser „Körpergedächtnis“ uns darin unterstützt, einmal als wahr Erkanntes für wahr zu nehmen. Diese Eigenschaft ermöglicht es uns immer neue Gewohnheiten anzunehmen, ohne die alten automatisch abzulegen.

Ein phantastisches System uns schnell und effektiv neue Gewohnheiten anzueignen und auf neue Herausforderungen angemessen zu reagieren. Phantastisch und effektiv aber in jede Richtung! Gewohnheiten sind nicht gut oder schlecht, sie sind zweckdienlich oder für einen bestimmten Zweck untauglich oder abträglich.

Lieben und pflegen wir unsere Gewohnheiten. Sie helfen uns im Alltag. Aber achten wir auch darauf, dass es die Gewohnheiten sind, die unseren Absichten, unseren Herzenswünschen und Big Five for Life nützlich sind. Wenn die Gewohnheiten unseren Herzenswünschen nicht dienlich sind, dann sollten wir sie unbedingt ändern.

© Tilo Maria Pfefferkorn

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